Ort: AWO Seniorentreff
Rothenburgsorter Marktplatz 5
Dienstag, 26.11.18, 18.30-21.30 Uhr
Erst mit der U4 zum Hauptbahnhof und von dort aus weiter mit dem 3er Bus – wir sind auf dem Weg zum Stadtteilrat in Rothenburgsort. Der Bus hält direkt vor dem Rothenburgsorter Marktplatz, hier soll auch der Stadtteilrat stattfinden im AWO Seniorentreff. Nach kurzem umherirren, finden wir schließlich die Räumlichkeiten der AWO. Flora sitzt in der ersten Reihe und wartet schon auf uns, wir nehmen auf zwei kleinen Hockern Platz. Der Raum ist gefüllt mit Menschen, die auf Stühlen und sogar auf den Fensterbänken sitzen, um noch einen Platz zu bekommen. Eine Leinwand ist aufgestellt und lässt eine PowerPoint Präsentation vermuten. In der ersten Reihe sitzen die Moderatoren des Abends. Zu ihnen gehören drei Mitglieder_innen des Stadtteilrates, eine Person von der Behörde und ein Mitarbeiter des Plankontors, der an diesem Abend das Protokoll führen wird. Die Stimmung im Publikum ist aufgelockert: die Anwesenden unterhalten sich und machen Scherze, man kennt sich hier. Auf den Tischen liegen Flyer für die nächsten Kirchenchor Veranstaltungen.
Der erste Punkt auf der Tagesordnung ist das energetische Quartierskonzept für Rotheburgsort. Zwei Mitarbeiter_innen von FrankEcoZwei GmbH stellen entlang einer Präsentation mit vielen bunten Karten und Statistiken das Energiekonzept für Rothenburgsort vor. Ihre Handlungsempfehlungen beinhalten mögliche Sanierungsgebiete, Kosten und Energieeinsparungen. Durch Fragen aus dem Publikum wird deutlich, dass die Wohnungseigentürmer_innen, darunter sind die SAGA und die Hansa Baugenossenschaft, keine Dringlichkeit in der Umsetzung dieses Konzeptes sehen. Nach einer halben Stunde fragt eine Dame aus dem Publikum, ob eigentlich noch andere Tagesordnungspunkte auf dem Programm stehen. Die Mitarbeiter_innen der FrankEcoZwei GmbH, ein Tochterunternehmen des privaten Immobilen Konzerns Frank-Gruppe, erwidern diesen Kommentar mit: „Wenn es keine weiteren Fragen mehr gibt, können wir auch endlich nach Hause.“ Das wird noch ein langer Abend, denke ich...
Nach diesem eher trockenen Vortrag stellt ein Vertreter der Behörde für Landschaftsplanung den Sanierungsentwurf für einen Spielplatz in Rothenburgsort vor. Aus Gründen der Kosteneinsparung wurde auf eine öffentliche Ausschreibung, also auf ein Landschaftsarchitektur Büro, verzichtet. Stattdessen wird der Entwurf der Behörde vorgestellt: ein paar neue Spielgeräte, der Bau einer Rampe (die jedoch nicht 100% barrierefrei ist – aus Kostengründen) und ein Graffiti-Projekt, das in Zusammenarbeit mit dem in kürze eröffnenden Jugendzentrum entstehen soll. Ein legales Graffiti, denn das sorge, so der Herr von der Behörde, für eine Reduzierung illegaler Graffitis. Dies wisse man aus der „Szene“. Doch Apropos Jugendzentrum, „wer ist eigentlich der neue Betreiber?“, tönt es aus dem Publikum. „Ja, es gibt da einen“, aber man könne nicht sagen wer. Die Mail mit dem Namen des Betreibers habe man leider nicht dabei. Nach kurzer Aufregung geht es weiter. Der zukünftige Park beinhaltet auch eine Vorrichtung für eine Slackline, „Sowas machen Jugendliche heutzutage“, so der Mitarbeiter der Behörde. Eine ältere Dame fragt was denn darunter zu verstehen sei. Nach kurzer Erläuterung entgegnet sie: „Dann ist das also Seiltanz“. Weiter wird beteuert, dass der Park etwas für alle Bewohner_innen Rothenburgsorts sei. Ob denn auch öffentliche Toiletten installiert werden, fragt die nächste alte Dame. Nachdem diese Frage mit nein beantwortet wird, scherzen die Damen neben mir, dass dieser Spielplatz dann wohl nichts für sie sei. Weitere Kommentare aus dem Publikum beziehen sich auf die Beteiligung von Kindern aus der anliegenden Schule in der Planung für den Park. Der Mitarbeiter der Behörde versichert, es werde noch eine „Abfrage“ der Schüler_innen geben, woraufhin eine generelle Diskussion über das Thema Beteiligung ausbricht.
Tagesordnungspunkt Nummer drei betrifft die Wahl des neuen Stadtteilrat Vorstandes. Bevor es dazu kommt, werden Fragen aus dem Publikum laut, wie sich ein Stadtteilrat überhaupt zusammensetzt und wie man Mitglied werden könne. Diese Fragen sorgen für ein amüsantes Chaos, denn keiner kann dies prompt beantworten. Der Moderator von der Behörde findet schließlich in seinen Unterlagen die nötige Erläuterung und liest diese vor. Alle Ratsplätze sind bereits besetzt, doch drei Bewohner_innen aus der Nachbarschaft lassen sich als Vertreter_innen aufstellen. Es werden Stimmzettel an die stimmberechtigten Ratsmitglieder verteilt. Der jetzige Vorstandsvorsitzende ist nicht anwesend, nach Bemerkungen aus dem Publikum scheint der Herr auch schon länger nicht mehr beim Stadtteilrat gewesen zu sein. Er wird jedoch entschuldigt und schafft es zu einer Wiederwahl. Vertreten wird er durch zwei weitere Personen aus dem Rat.
Im Tagesordnungspunkt vier stellen Mitarbeiter_innen des PEM Theaters ihr neues Projekt PEM Autism vor. Die beiden Geschäftsführer_innen, sowie ein großer junger Mann stellen das neue Emotionstraining für Autist_innen und ihre Angehörigen vor. Aron, wird als Autist vorgestellt und schildert uns seine Lebensgeschichte und die Weltsicht eines Autisten. Dazu kommen Hochrechnungen über Autismus, sowie ein Video mit einem Wissenschaftler, der die Arbeit des PEM Centers lobt. Erwähnt wird auch, dass das Emotionstraining des Centers nicht nur etwas für Autist_innen sei, sondern auch allen anderen helfen könne. Gesundheitsgutscheine und Weiterbildungsmaßnamen für ALG-II Empfänger_innen werden auch akzeptiert.
Das meiste Vergnügen bereitet der Tagesordnungspunkt Nummer fünf. Drei Anträge, die Mittel aus dem Verfügungsfond (jährlich 5000€) beantragten, werden vorgestellt:
- Das PEM Center beantragt 300€ für einen Punsch Stand auf dem Marktplatz. Hier soll in der Vorweihnachtszeit jeden Samstag Punsch ausgeschenkt werden. Es kommt zur Abstimmung und alle Anwesenden heben eifrig ihre Hände und stimmen für JA.
- Eine Altherren-Band aus dem Stadtteil beantragt 500€ für ein neues Yamaha Klavier. Hier hält sich die Begeisterung zunächst in Grenzen. Eine Frau hat im Vorfeld recherchiert und beklagt, dass man so ein Klavier auch für weniger Geld bei Amazon bestellen kann. Ein weiterer meldet sich zu Wort, als Hobby Pianist könne er versichern, dass dies sehr wohl ein angemessener Preis sei. Wieder eine Andere erkundigt sich nach dem Nutzen für den Stadtteil und fragt ob dieses Klavier denn auch ausgeliehen werden könne. Dies verneint der Antragsstelle; so etwas gebe man nur sehr ungern in andere Hände, aber sie spielen ja schließlich auch in Seniorenheimen und in der Kirche und könnten auch so mal ein Konzert geben für den Stadtteil.
Alle Hände gehen hoch, gestimmt wird wieder mit JA.
- Für die Weihnachtsfeier des FTSV Lorbeer-Rothenburgsort beantragt ein Trainer Geld, um mit einer Kindergruppe ein Museum zu besuchen. Auch hierfür heben die Anwesenden freudig die Hände, gestimmt wird mit JA.
- Der letzte Tagesordnungspunkt umfasst Fragen, Sorgen und Anmerkungen der anwesenden Bewohner_innen. Es ist bereits halb zehn, die Luft im Raum ist dünn und ich habe aufgehört aufmerksam zuzuhören.